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Kreis Lörrach - Lörrach

6. Dec 2023 - 18:26 Uhr

Stolpersteine in Lörrach verlegt - Fünf Steine an drei Orten vor ehemaligen Wohnorten der jüdischen Opfer, Opfer politischer Verfolgung und Zeugen Jehovas in den Boden eingelassen

Stolpersteine in Lörrach verlegt.
Von links: Hermann Lützelschwab, Johanna und Moritz Weil sowie Julius und Rosa Riffel.

Foto: Stadt Lörrach - Privatbesitz Doris Lützelschwab (Tochter von Hermann Lützelschwab), Andrea Beecher (Sammlung Sylviah Jacobs)/Rainer Neuberger (Vorsitzender Jehovas Zeugen-Versammlung Lörrach West)
Stolpersteine in Lörrach verlegt.
Von links: Hermann Lützelschwab, Johanna und Moritz Weil sowie Julius und Rosa Riffel.

Foto: Stadt Lörrach - Privatbesitz Doris Lützelschwab (Tochter von Hermann Lützelschwab), Andrea Beecher (Sammlung Sylviah Jacobs)/Rainer Neuberger (Vorsitzender Jehovas Zeugen-Versammlung Lörrach West)

Am 6. Dezember wurden in Lörrach zum vierten Mal Stolpersteine verlegt. In Anwesenheit von Oberbürgermeister Jörg Lutz sind dieses Jahr fünf Steine an drei Orten vor den ehemaligen Wohnorten der jüdischen Opfer, Opfer politischer Verfolgung und Zeugen Jehovas in den Boden eingelassen worden.

Johanna und Moritz Weil, Grabenstraße 15:
Der am 5. Juni 1886 geborene Moritz Weil war das jüngste von sieben Kindern von Abraham Weil. Er heiratete Johanna Weil, als Johanna Rothschild am 17. Dezember 1886 in Straßburg geboren. Von den sieben Geschwistern hatte lediglich Moritz und Lina Weil ihren Lebensmittelpunkt in Lörrach.

Die seit 1868 in der Grabenstraße 15 etablierte und offenbar florierende Textilhandlung „Abraham Weil“ verlegte unter seinem Sohn Moritz ihren Geschäftssitz in die Basler Straße. Als Wohnsitz der Familie bestand das Haus Grabenstraße 15 fort. Am 10. November 1938 wurde Moritz Weil im Rahmen des reichsweiten Pogroms verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau eingewiesen. Nach seiner Entlassung flohen er und seine Frau Johanna nach Straßburg. Das Haus war noch nach der Flucht des Ehepaars die letzte Lörracher Anschrift der Familien Bloch, Schwab und Selinger. Im Volksmund nannte man dieses Haus ein „Judenhaus“. Im Adressbuch von 1939 war die Anschrift Grabenstraße 15 bereits gelöscht, wenngleich die letzten verbliebenen Bewohner erst am 22. Oktober 1940 ins unbesetzte Frankreich deportiert wurden. Die anschließende Irrfahrt endete im Lager Gurs.

Straßburg sollte sich für Moritz und Johanna Weil als gefährdeter Zufluchtsort erweisen. Mit dem Beginn des sogenannten Frankreichfeldzugs der NS-Wehrmacht setzte eine Massenflucht aus Straßburg und dem Elsass ein, die später als „Exodus“ in die französische Geschichtsschreibung einging. Johanna und Moritz Weil sollten eine neue Bleibe im noch unbesetzten Frankreich finden – und zwar in Bezier. Im August 1942 riss der Kontakt zu in die USA geflüchteten Verwandten abrupt ab.

Das Ehepaar war am 26. August 1942 von Gendarmen der Vichy-Regierung verhaftet und in das Lager Rivesaltes eingewiesen worden. Es handelte sich um die berüchtigte Razzia an just diesem Tag im gesamten noch unbesetzten Frankreich, die zum Ziel hatte, der SS wie vereinbart die geforderte Zahl jüdischer Flüchtlinge zuzuführen. Der Weg von Johanna und Moritz Weil führte dann über das Sammellager Drancy nach Auschwitz.

(Autoren: Andrea Beecher, Jürgen Krause, Ulrich Tromm)

Hermann Lützelschwab, Haagener Straße 12:
Hermann Lützelschwab wurde am 31. Oktober 1892 in Minseln geboren. Seine Eltern waren der Landwirt Fridolin Lützelschwab und dessen Ehefrau Albertina, geborene Bannwarth. In jungen Jahren erlernte Lützelschwab das Schlosserhandwerk und arbeitete zunächst in verschiedenen Orten, unter anderem in Stuttgart. Im Jahr 1921 ließ er sich schließlich in Lörrach nieder und war zunächst als Automechaniker tätig, ehe er ein Transportgeschäft mit einem eigenen Lastkraftwagen gründete. Bereits als junger Mann trat Lützelschwab als überzeugter Kommunist in Erscheinung. Von 1922 bis 1926 war er für die KPD Mitglied im 72-köpfigen Bürgerausschuss der Stadt Lörrach.

Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft begann für Hermann Lützelschwab eine schwere Leidenszeit. Der Brand des Reichstagsgebäudes Ende Februar 1933 diente den Nationalsozialisten als Vorwand, die Kommunisten von der bevorstehenden Reichstagswahl auszuschließen und ihre Vertreter vorübergehend in Haft zu nehmen, unter ihnen auch Hermann Lützelschwab.

Am 7. November 1933 erging neuerlich Haftbefehl gegen Hermann Lützelschwab sowie sieben weitere Mitglieder der inzwischen verbotenen KPD. Ihnen wurde zur Last gelegt, die illegale Tätigkeit der KPD in Lörrach zu organisieren. Lützelschwab wurde in das berüchtigte Konzentrationslager Heuberg überführt. Die Zustände dort hat Robert Neisen, gestützt auf die Aussagen von Lützelschwab nach Ende der NS-Herrschaft, in seinem Buch „Lörrach und der Nationalsozialismus“ beschrieben, als Beleg dafür, dass die NS-Justiz als Instrument des Terrors gegen Regimegegner agierte.

Lützelschwab war bis zum 21. Dezember 1933 im KZ Heuberg in Haft. Der Lokalhistoriker Hansjörg Noe schildert die gesundheitlichen und psychischen Schäden, die sich Lützelschwab während seiner Haftzeit dort zuzog, in seinem Buch „Nun kann ich darüber sprechen …“ in aller Ausführlichkeit.

Zurück in Lörrach, konnte Lützelschwab zunächst keiner Arbeit mehr nachgehen, sein Transportunternehmen musste er einstellen. Später arbeitete er bei der Firma Eisenbau-Wyhlen AG. Zusammen mit seiner Ehefrau Frieda, geborene Lais, die Hermann Lützelschwab am 26. September1936 in Lörrach geheiratet hatte, sowie der im Jahr 1937 geborenen Tochter, lebte die dreiköpfige Familie in der damaligen Wilhelmstraße 12 (heute Haagener Straße 12).

Am 22. August 1944 wurde Hermann Lützelschwab im Rahmen der sogenannte „Reichsaktion Himmler“ erneut verhaftet. Zusammen mit ehemaligen sozialdemokratischen und kommunistischen Mandatsträgern aus dem Kreis Lörrach, unter ihnen der spätere Lörracher Bürgermeister Arend Braye, wurde Lützelschwab in das Konzentrationslager Natzweiler verbracht.
Bedingt durch den schnellen Vormarsch amerikanischer Verbände, musste die SS das Lager Natzweiler Anfang September 1944 räumen. Lützelschwab wurde zunächst in das Konzentrationslager Dachau überführt. Eines der KZ-Außenlagern, in die Häftlinge aus Dachau überstellt wurden, befand sich in Überlingen-Aufkirch. Hier war Lützelschwab ab Anfang Oktober 1944 mit Zwangsarbeitern untergebracht, deren Aufgabe es war, den unmittelbar am Bodensee gelegenen Goldbacher Stollen von Sandstein zu räumen, um Platz für die unterirdische Rüstungsproduktion zu schaffen.

Hermann Lützelschwab war nicht zur Zwangsarbeit im Goldbacher Stollen eingesetzt. Er leistete Küchendienst im Lager Überlingen-Aufkirch. Die vielen im Lager gestorbenen Zwangsarbeiter waren zunächst in einem Massengrab im Überlinger Waldstück Degenhardt verscharrt worden. Die französische Militärverwaltung trug Sorge dafür, dass die Toten am 9. April 1946 eine würdevolle Bestattung auf dem Deportierten-Friedhof in Birnau erhielten.

Für Hermann Lützelschwab endete seine Haftzeit am 18. Oktober 1944 wieder in Dachau, wohin er zwei Tage zuvor zurückbeordert worden war. Zurück in Lörrach, hatte Hermann Lützelschwab an den in seiner Haft erlittenen körperlichen und seelischen Schäden schwer zu tragen. Der Kampf um eine Wiedergutmachung – wiederum beschrieben im Buch von Hansjörg Noe – sollte sich nach 1945 lange Zeit hinziehen. Am 25. Januar 1975 verstarb Hermann Lützelschwab in Lörrach.

(Autoren: Kai Bühler (Stadtarchiv Lörrach), Ulrich Tromm)

Julius Riffel, Gretherstraße 4:
Julius Riffel wurde am 8. Dezember 1905 in Stetten, heutiger Stadtteil von Lörrach, geboren. Er besuchte die Volkschule in Lörrach und lernte zunächst das Schneiderhandwerk. Nachfolgend war er als Stoffdrucker und dann als Weber tätig. Laut eigenen Angaben ist er den Bibelforschern/Jehovas Zeugen im Jahr 1925 beigetreten. Die Heirat mit Rosa Riffel geborene Forster fand laut standesamtlicher Beurkundung am 7. März1936 in Lörrach statt. Bis zu ihrer Flucht in die Schweiz, in der Nacht vom 06. auf den 7. November 1937, lebten die beiden zudem gemeinsam in der Gretherstraße 4 in Lörrach.

Vom 7. November 1937 bis Ende Januar 1938 hielten sich Julius Riffel und seine Frau in Bern/Schweiz auf, wo sich damals das Zweigbüro von Jehovas Zeugen für Zentraleuropa befand. Julius Riffel erklärte sich Ende Januar 1938 dazu bereit, illegal nach Deutschland zurückzukehren, mit dem Auftrag die Untergrundorganisation von Jehovas Zeugen in Württemberg und Baden zu strukturieren. Seine Frau blieb hingegen in der Schweiz zurück.

Am 11. Februar 1938 übertritt Julius Riffel im Wald bei Wyhlen, in der Nähe von Basel, ohne gültige Ausweispapiere die deutsch-schweizerische Grenze und begibt sich zunächst nach Konstanz. Nur drei Tage später, am 14. Februar 1938, wird Riffel am Hauptbahnhof in Stuttgart verhaftet, da er mit verbotenem Schriftgut aufgegriffen worden war. Für seinen illegalen Aufenthalt in Deutschland hatte Riffel, neben Stuttgart, noch zwei weitere Kontaktadressen, eine in Reutlingen und eine in Singen/Hohentwiel. Offenbar sollte er bei anderen Zeugen Jehovas Unterstützung für seine Tätigkeit einholen, wozu es aber nicht kam.

Ab dem 14. Februar 1938 befindet sich Julius Riffel im Gefängnis, zunächst in Untersuchungshaft in Stuttgart. Nach seiner Verurteilung am 22. September 1938 aufgrund dem Mitführen und Verteilen von verbotenen Druckschriften, „dem versuchten Aufbau einer neuen illegalen Organisation“ sowie wegen „Passvergehens“, kommt Riffel in reguläre Haft. Die Untersuchungshaft wird ihm laut Aktenlage lediglich teilweise auf die Haftstrafe von drei Jahren und zwei Monaten angerechnet. Anfang Oktober 1938 wird Riffel in das Gefängnis in Freiburg überstellt, wo er bis zu seiner Entlassung am 22. Juni 1941 verbleibt. Die brutalste Zeit stellt laut eigener Aussage diese ersten siebeneinhalb Monate Untersuchungshaft dar, in denen er von der Gestapo misshandelt und geschlagen wird, mutmaßlich um noch mehr über das vermeintliche Untergrundnetzwerk zu erfahren und ihn auch zum Eingeständnis seines Vorhabens zu bringen.

Nach seiner Haftentlassung kehrt Julius Riffel nach Lörrach zurück. Hier musste er sich täglich bei der Polizei melden und stand unter ständiger Beobachtung. Trotzdem setzte er, laut eigener Aussage, seine Untergrundtätigkeit im Großraum Lörrach vorsichtig fort und entgeht so bis zum Kriegsende weiteren Verhaftungen.

Nach 1945 lebten Julius Riffel und seine Frau Rosa, die ihrerseits von 1942 bis 1945 in Gefängnissen und Konzentrationslagern inhaftiert gewesen war, wieder zusammen in Lörrach, wo er am 10. Mai 1977 verstorben ist.

(Autoren: Jürgen Schaser und Kai Bühler, Stadtarchiv Lörrach)

Rosa Riffel, geb. Forster, Gretherstraße 4:
Rosa Riffel geborene Forster kam am 31. Januar 1905 in Lörrach zur Welt. Ihre Eltern, der Gärtner Johann Ferdinand Forster und dessen Ehefrau Pauline geborene Ziegler, stammten aus der Schweiz, weshalb Rosa Riffel neben der deutschen Staatsangehörigkeit auch das Schweizer Bürgerrecht besaß. In jungen Jahren war Rosa Riffel als Kontoristin tätig. Die Heirat mit Julius Riffel fand am 7. März 1936 ebenfalls in Lörrach statt. Bis zu ihrer Flucht in die Schweiz, in der Nacht vom 6. auf den 7. November 1937, lebten die beiden zudem gemeinsam in der Gretherstraße 4 in Lörrach.

Ab dem 7. November 1937 hält sich Rosa Riffel zusammen mit ihrem Ehemann in Bern/Schweiz auf, wo sich damals ein Zweigbüro von Jehovas Zeugen für Zentraleuropa befand. Während sich ihr Ehemann Julius Ende Januar 1938 dazu bereit erklärt, illegal nach Deutschland zurückzukehren und die Untergrundorganisation von Jehovas Zeugen in Baden und Württemberg zu strukturieren, bleibt Rosa zunächst in der Schweiz zurück. Hier erfährt sie auch von der anschließenden Verhaftung und Verurteilung ihres Ehemanns.

Ausgestattet mit einem Visum, versucht Rosa Riffel am 30. April 1942 über Basel nach Deutschland einzureisen, mutmaßlich um ihren Ehemann wiederzusehen, der seit seiner Haftentlassung am 22. Juni 1941 wieder in Lörrach lebt. Doch bereits am Bahnhof Weil am Rhein wird sie am 1. Mai 1942 verhaftet. Zunächst verbringt sie vier Monate in Gefängnissen in Lörrach und Karlsruhe, bevor sie am 28. August 1942, weiterhin unter Schutzhaft stehend, ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überführt wird. Im Jahr 1943 wird Rosa Riffel in das Wiesbadener Lebensbornheim „Taunus“ gebracht, einem Außenkommando des Frauen-KZ Ravensbrück, wo sie fortan Zwangsarbeit leisten muss. Nach der zwischenzeitlichen Überstellung in das Lebensbornheim „Franken II“ in Ansbach, erlebt sie das Kriegsende im Lebensbornheim Steinhöring im oberbayrischen Ebersberg, einem Außenkommando des Konzentrationslagers Dachau. Dort wird Rosa Riffel am 2. Mai1945 befreit.

Nach über sieben Jahren Trennung findet das Ehepaar Riffel schließlich wieder in Lörrach zusammen, wo sie im Färberweg 3 gemeinsam leben und auch ihren Lebensabend verbringen. Am 17. September 1981 stirbt Rosa Riffel in Lörrach.

(Autoren: Jürgen Schaser und Kai Bühler, Stadtarchiv Lörrach)


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