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Stadtkreis Freiburg - Freiburg

21. Nov 2022 - 17:38 Uhr

IHK Südlicher Oberrhein: Ausbildungsjahr 2022 - Ausbildungsbilanz für das Jahr 2022 präsentiert - Rekordniveau bei freien Plätzen


Nach zwei durch die Corona-Pandemie schwierigen Jahren kehrt wieder etwas mehr Stabilität auf den Ausbildungsmarkt zurück, doch die Herausforderungen bleiben groß.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz am heutigen Montag in Offenburg haben die Agenturen für Arbeit Offenburg und Freiburg, die Kommunale Arbeitsförderung Ortenaukreis, die Handwerkskammer Freiburg und die Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein ihre Ausbildungsbilanz für das Jahr 2022 präsentiert. Einhelliger Tenor: Auch wenn sich die Lage in einigen Ausbildungsbranchen wieder stabilisiert hat, müssen große Anstrengungen unternommen werden, um ausreichend Bewerber:innen für freie Ausbildungsplätze zu bekommen.

Arbeitsagentur Offenburg: „Die Sorge um den Fachkräftenachwuchs wächst“, sagte Theresia Denzer-Urschel, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Offenburg. „Es gibt fast keine Branchen mehr, wo es noch unbesetzte Stellen gibt.“ Im Ausbildungsjahr 2021/2022 registrierte die Agentur in ihrem Bereich noch 100 Bewerber:innen auf 134 freie Plätze. Besonders groß ist die Lücke beim Verkauf von Lebensmitteln, hier gibt auf 91 ausgeschriebene Ausbildungsplätze gerade einmal vier Bewerber:innen. Damit steht der Bereich in Sachen Unterversorgung ganz oben auf der Liste. In der Gastronomie hingegen hat sich die Lage verbessert. Hier stehen 58 freien Ausbildungsplätzen zwölf willige Nachwuchskräfte gegenüber. Denzer-Urschel: „Nie waren die Chancen größer, eine Ausbildungsstelle zu bekommen.“ Die Zahl freier Plätze habe ein Rekordniveau erreicht.

Arbeitsagentur Freiburg: Ein ähnliches Bild zeigt sich im Gebiet der Agentur für Arbeit Freiburg. Hier kamen 2021/2022 auf 3.869 freie Ausbildungsstellen 3.464 Bewerber:innen (Verhältnis 112 zu 100). Während auch dort der Verkauf von Lebensmitteln mit 13 potenziellen Nachwuchskräften auf 137 verfügbare Plätze die größte Lücke aufweist, gibt es auf der anderen Seite Branchen, die zumindest ein rechnerisches Überangebot an Bewerbungen haben. Besonders beliebt ist der Bereich Veranstaltungs-, Kamera- und Tontechnik mit 32 Bewerbungen auf fünf Stellen, auch in der Holzbe- und verarbeitung gibt es 88 Bewerber:innen auf 19 freien Ausbildungsplätze. Unter dem Strich, so Andreas Finke, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Freiburg, wird das Thema Nachwuchskräftesicherung aber immer anspruchsvoller: „Die Jugendlichen sind überfordert im Markt der beruflichen Möglichkeiten, viele drehen noch Schleifen, gehen andere Wege.“ Das liegt zum einen daran, dass die Möglichkeiten der Berufsberatung in der Corona-Zeit deutlich eingeschränkt waren, zum anderen gibt der Arbeitsmarkt es auch her, dass junge Menschen direkt ohne Berufsausbildung ein Arbeitsverhältnis eingehen. 

Kommunale Arbeitsförderung Ortenaukreis: Im Gebiet der Kommunalen Arbeitsförderung Ortenaukreis macht sich Fachkräftemangel gleichsam bemerkbar. Zwischen 2017 und 2021 ist die Zahl der Leistungsbezieher im Sozialgesetzbuch II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) im Alterskorridor zwischen 15 und 25 Jahren um knapp 27 Prozent gesunken. Sprich: Immer mehr Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen waren, finden eine reguläre Beschäftigung im Arbeitsmarkt. Die Zahl der Ausbildungsplatzbewerber mit Bezug von Sozialleistungen geht seit Jahren zurück.

Handwerkskammer Freiburg: Mit 2.249 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen (Stichtag 30. September) bilanziert die Handwerkskammer Freiburg einen leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum (2021: 2.241). Auf längere Sicht geht die Zahl der Neuverträge allerdings zurück, 2017 waren es 2.463. „Das Schwierigkeit, ausreichend Ausbildungswillige zu finden, wird immer größer“, sagte Wolfram Seitz-Schüle, Geschäftsführer der Handwerkskammer. Die Generation der Babyboomer, die jetzt in den Ruhestand gehe, „wird uns in den kommenden fünf Jahren, massiv Probleme bereiten“. Aus diesem Grund sei das Thema Umgang mit der Migration entscheidend. „Wenn es um die Zukunft geht und die Probleme immer größer werden, geeignete Nachwuchskräfte zu finden, dann ist eine aktive, arbeitsmarktorientierte Zuwanderungspolitik fundamental für uns.“ Zur Einordnung: In diesem Jahr sind bereits mehr als 20 Prozent der neuen Ausbildungsverhältnisse im Gebiet der Handwerkskammer mit jungen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft geschlossen worden. Zehn Jahre zuvor lag der Anteil erst bei rund neun Prozent.

Der Anteil von Frauen im Handwerk ist dagegen rückläufig. Die Quote weiblicher Lehrlinge liegt derzeit bei 16,1 Prozent, 2001 waren es fast 23 Prozent. Das fällt vor allem in „klassischen Frauenberufen“ auf. Sowohl im Friseur-Handwerk als auch im Fachverkäuferberuf im Lebensmittelhandwerk sind die Zahlen weiblicher Auszubildenden in den vergangenen Jahren deutlich rückläufig. In zukunftsorientierten Branchen wie Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik oder Elektronik sieht Seitz-Schüle dagegen großes Potenzial für weibliche Fachkräfte, hier steigt die Nachfrage kontinuierlich: „Wir können es uns bei einem Frauen- und Männeranteil von jeweils 50 nicht mehr erlauben, dass der Frauenanteil in Zukunftsberufen bei einem, zwei oder drei Prozent liegt“, sagte er.

Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein: Das Thema weibliche Fachkräfte beschäftigt die IHK Südlicher Oberrhein gleichfalls. „Wir müssen leider einen rückläufigen Anteil junger Frauen in verschiedenen Berufen feststellen“, sagte Simon Kaiser, Geschäftsführer Aus- und Weiterbildung der IHK. „Das ist eine Entwicklung, die uns nicht zufriedenstellt.“ Kaiser erklärt sich diesen Umstand unter anderem mit der Corona-Pandemie, von der die Gastronomiebranche stark betroffen war. Die Bewirtungsbranche ist ein Feld mit einem traditionell hohem Frauenanteil, doch hier gebe es trotz des jüngsten Sondereinflusses durch die Pandemie auch einen langfristig abnehmenden Trend in Sachen Frauenanteil.

Unter dem Strich kann die IHK mit 3.928 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen (Stichtag 31. Oktober) in ihrem Gebiet einen Anstieg von rund 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum vorweisen. „Wir hören aber keine Sektkorken knallen“, sagte Kaiser. Denn: „Die Nachfrage der Unternehmen ist deutlich höher. Wenn es mehr Bewerber und Bewerberinnen gäbe, könnten wir noch ganz andere Zahlen vorlegen.“ 2019, also kurz vor der Pandemiewelle waren es noch 4.267 neue Ausbildungsverträge.

Wie die Handwerkskammer registriert auch die IHK einen kontinuierlich steigenden Anteil von Auszubildenden mit ausländischem Pass. An den neu abgeschlossenen Verträgen haben ausländische Staatsbürger einen Anteil von über 17 Prozent. Kaiser: „Ohne Migration wäre die Zahl neuer Ausbildungsverträge zurückgegangen. Wir sehen daher mit Freude, dass sich bundespolitisch mit der geplanten der Novellierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes etwas bewegt. Wir hoffen stark, dass es für Betriebe weniger bürokratisch wird, Auszubildende aus dem Ausland zu rekrutieren.“ Das gelte auch bei der Anerkennung ausländischer Schul- und Berufsabschlüsse: „Oft passen sie nicht in unser Raster. Unser System muss sich hier ein Stück weit verändern, um noch ins globale System zu passen.“

(Info: IHK Südlicher Oberrhein Freiburg)


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