Forscher von ibi research an der Universität Regensburg haben zusammen mit 41 Industrie- und Handelskammern sowie dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) eine umfassende Untersuchung des Einflusses der Digitalisierung auf den deutschen Einzelhandel durchgeführt. Die Region Südlicher Oberrhein hat sich an der deutschlandweiten Befragung beteiligt. Die Studie „Der deutsche Einzelhandel 2017“ zeigt den Status quo der Digitalisierungsbemühungen der Händler, vertieft ausgewählte Problemstellungen wie die Investitionsbereitschaft und analysiert die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Geschäftsmodelle.
„Die Studienergebnisse zeigen deutlich, dass der deutsche Einzelhandel sein klassisches Geschäftsmodell überdenken muss“, berichtet Thomas Kaiser, Handelsreferent bei der IHK Südlicher Oberrhein, der die Studie von Beginn an begleitete. „Verkaufen heute 54 Prozent der Händler ihre Produkte ausschließlich stationär, wollen 37 Prozent davon in fünf Jahren auch im Online-Vertrieb aktiv sein. Wie die verbleibenden 63 Prozent reagieren werden, bleibt abzuwarten“, so Kaiser weiter. 14 Prozent der heute ausschließlich online aktiven Händler planen zudem, in fünf Jahren offline zu verkaufen, was den Handlungsdruck auf die stationären Akteure zusätzlich erhöhen wird.
Dieselbe Entwicklung zeigt sich auch bei einem Blick auf die erwartete Verteilung der Umsätze: In den nächsten fünf Jahren rechnen 24 Prozent der stationär aktiven Händler mit einem Rückgang der im Ladengeschäft erwirtschafteten Umsatzanteile. Im Vertriebskanal Online-Shop erwarten dagegen lediglich 4 Prozent der Händler einen Rückgang. 13 Prozent erwarten einen Zuwachs dieses Kanals und 83 Prozent rechnen damit, dass die Online-Umsatzanteile gleichbleiben.
On- und Offline wachsen stärker zusammen
Jedoch gibt es aus Sicht der rein stationären Händler einen Lichtblick. Immer mehr Ladengeschäfte, die auch online aktiv sind, verbinden die Verkaufskanäle. Services wie Online-Reservierung setzen bereits 27 Prozent der Händler ein. Ähnliche Werte ergab die Analyse beim Online-Kauf und der Abholung im Ladengeschäft (Click & Collect). Hier liegen die Werte bei 24 und 10 Prozent. Ein Blick auf die digitale Aufwertung des Ladengeschäfts selbst lässt dann aber wieder etwas Ernüchterung einkehren. Ein Beispiel ist das virtuelle Regal, das der Sortimentserweiterung dient. Längst nicht mehr alles, was verkauft werden könnte, passt rein platzmäßig in die Geschäftsauslagen. Ein Tablet kann hier die Bestände virtuell ausdehnen. Gerade einmal 5 Prozent haben diese Technik bislang im Einsatz. Auch kostenloses WLAN findet sich bisher nur in gut einem Drittel der Geschäfte. Die Forscher von ibi research sehen noch Nachholpotenzial bei der Digitalisierung sowohl an der Kundenschnittstelle als auch im Back-Office, wobei jeder Händler individuell abwägen muss, welche Innovationen für ihn Sinn machen.
Unternehmen mit geregelter Nachfolge investieren stärker in Digitalisierungsthemen
Ein weiteres Themenfeld der Studie waren die aktuellen und zukünftigen Investitionen des deutschen Handels in Digitalisierungsvorhaben. Laut Umfrage haben lediglich 12 Prozent der Unternehmen ein ausgewiesenes Budget für Investitionen in die Digitalisierung. 56 Prozent der Händler ohne explizites Budget nutzen zur Finanzierung von Digitalisierungsmaßnahmen das allgemeine Investitionsbudget, 9 Prozent wollen generell nicht in die Digitalisierung investieren und 8 Prozent geben an, für solche Investitionen kein Geld zu haben. Von den Händlern mit ausgewiesenem Budget wollen zwei Drittel dieses in den kommenden drei Jahren steigern. Ein deutlicher Zusammenhang besteht in diesem Kontext zur Nachfolgeproblematik. Ist die Nachfolge bereits geregelt, wollen 81 Prozent die Investitionen in die Digitalisierung steigern.
Druck durch Wettbewerb
Betrachtet man den Einfluss der Digitalisierung auf die Geschäftsmodelle des Einzelhandels und versucht die Hauptfaktoren zu analysieren, sprechen die Befragten mit Abstand dem Wettbewerb der globalen Marktplätze wie Amazon, eBay & Co den höchsten Einfluss zu. 70 Prozent bezeichnen den Einfluss auf ihr Geschäftsmodell als „sehr hoch“ oder „hoch“. Trotz aller Befürchtungen sehen die meisten Befragten den stationären Einzelhandel weiterhin als den wichtigsten Einkaufskanal. Dies bestätigen 64 Prozent der teilnehmenden Händler. Sogar jeder zweite reine Online-Händler schließt sich dieser Meinung an. Den Trend zu kleineren Ladenflächen beobachten knapp zwei Drittel.
Wie ticken die Händler am Südlichen Oberrhein beim Thema
Digitalisierung?
Momentan sieht sich nur ein Fünftel der Unternehmen in der Region Südlicher Oberrhein gut bis sehr gut für die Herausforderungen der Digitalisierung gerüstet. Dabei sehen 95 Prozent der Befragten, dass Innovationen der Digitalisierung das Einkaufsverhalten der Kunden ändert und ein Umdenken des Einzelhandels erfordern. Als größte Hemmnisse für die Umsetzung digitaler Maßnahmen geben die regionalen Händler an erster Stelle fehlende zeitliche Ressourcen an (60 Prozent). Knapp die Hälfte bekennt sich zu fehlendem Know-how der Mitarbeiter und 38 Prozent beklagen sowohl hohe Investitionskosten als auch die Anforderungen an die IT-Sicherheit. „Wir wissen, dass sich insbesondere die kleineren und mittleren Händler mit Online-Maßnahmen noch schwertun. Deshalb bietet die IHK hier Hilfestellung in Form von Veranstaltungen und Workshops. Beispielsweise bieten wir kostenfreie Sprechtage mit Experten an.“, so Kaiser. Der IHK-Fachmann für den Handel rät: „Häufig kann schon mit geringem Aufwand ein guter Schritt in Richtung Digitalisierung gemacht werden.“
Die vollständige Studie „Der deutsche Einzelhandel 2017“ erhalten Sie unter www.suedlicher-oberrhein.de (bitte Nr. 3850490 in die Suche eingeben).
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Stadtkreis Freiburg - Freiburg
23. Oct 2017 - 12:05 UhrDer stationäre Einzelhandel muss sein Geschäftsmodell überdenken - Neue Studie belegt starken Einfluss von Onlineplattformen und Kundenansprüchen
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